„Vertreter der Aussiedlerverbände sind wichtige Multiplikatoren“
Bundesaussiedlerbeauftragter Dr. Bernd Fabritius erläutert in Nürnberg Aktuelles zur Aussiedleraufnahme, Fremdrenten und Entschädigungsverfahren
Auf Einladung des Hauses der Heimat Nürnberg, in dem sowohl ehrenamtliche als auch eine hauptamtliche Beraterin aktiv sind, führte Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, am 17. September ein aufschlussreiches Multiplikatorengespräch zum Thema Aufnahme und Eingliederung der Aussiedler während der COVID-19-Pandemie, in dem er auf Wunsch der Teilnehmer auch auf die Themen Fremdrente und Details zu den aktuellen Entschädigungsverfahren einging, das z.B. Deportierte in die Sowjetunion oder die Bӑrӑgan-Steppe und deren Nachkommen betrifft. Die Vertreter der Landsmannschaften der Deutschen aus Russland und Banater Schwaben sowie der Siebenbürger Sachsen bekamen wertvolle Informationen und Hinweise.
Die Zahl der Teilnehmer beim Gespräch mit unserem Aussiedlerbeauftragten wurde nicht nur durch die Corona-Auflagen beschränkt, sondern auch weil im Haus der Heimat Nürnberg angebaut wird und somit der große Raum nicht zur Verfügung stand. In der Heimatstube war nur Platz für die beiden Nürnberger Kreisvorsitzenden Annette Folkendt (Siebenbürger Sachsen) und Lucian Mot (Banater Schwaben), Anita Maurer, Sprecherin der HOGs im Bundesvorstand der Landsmannschaft der Banater Schwaben, die drei Aussiedlerberaterinnen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Ortsgruppe Nürnberg Irma Moser, Antonia Rung und Julia Germann, die Berater der Siebenbürger Sachsen Sigrid Sighisorean und Johann Ohler sowie für Anke Karpenstein, Migrationsberaterin für erwachsene Zuwanderer im Verband der Siebenbürger Sachsen und die Verfasserin dieses Berichtes.
Genau diese Vielfalt an Multiplikatoren lobte Dr. Fabritius eingangs, der schon seit Jahren unermüdlich im Einsatz ist, um den Aussiedlern die Eingliederung in der neuen Heimat auch durch die Wahrnehmung ihrer gesetzlich verbrieften Rechte zu erleichtern. Denn unter den Aussiedlern gibt es immer wieder Unwissen oder Halbwissen, weil die rechtliche Situation einerseits sehr komplex sein kann, andererseits sich die Rechtslage aber auch verändert. Um diese Veränderungen zu verstehen, in den richtigen geschichtlichen Kontext einordnen und Ansprüche geltend machen zu können, hat das Haus der Heimat dieses Multiplikatorenseminar organisiert.
Auf ihren Internetseiten berichten die Aussiedlerverbände regelmäßig über rechtliche Verfahren und bemühen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, alle Aussiedler zu informieren und zu unterstützen. So haben die Aussiedlerverbände in Interessengemeinschaften schon mehrfach Verbesserungen für die rechtliche und finanzielle Situation der Aussiedler erwirken können.
In Nürnberg kam die von Aussiedlern als zu hart empfundenen 40-Prozent- und Fünf-Sechstel-Kürzungen der Fremdrenten wieder zur Sprache. Die Fremdrente für nach 1996 zugezogene Spätaussiedler wurde auf 25 Entgeltpunkte (für Ehepaare zusammen auf 40 Entgeltpunkte) gedeckelt, was generationenübergreifend als große Ungerechtigkeit aufgenommen wird, weil es die Lebensleistung sehr vieler Aussiedler keinesfalls abbildet. Bernd Fabritius berichtete über die Bemühungen zur Verbesserung dieser Situation und den aktuellen Stand der Debatten zu dieser Frage in dem zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Bundesminister Hubertus Heil, SPD).
Fabritius berichtete weiter über den Abschluss der Entschädigungsverfahren in Deutschland und die Überreichung der beiden letzten Genehmigungsbescheide nach der Anerkennungsleistung an ehemalige zivile deutsche Zwangsarbeiter (AdZ) sowie über neue Entwicklungen im rumänischen Entschädigungsrecht, über die er kürzlich sehr konstruktive Gespräche mit der zuständigen Arbeitsministerin Violeta Alexandru und Staatssekretär Ion Alin Dan Ignat in Bukarest geführt habe.
Die Multiplikatoren bekamen von Dr. Bernd Fabritius nicht nur wertvolle Tipps, die sie dankbar notierten und gerne weitergeben werden, sondern in einem regen Frage-Antwort-Austausch auch die nötigen Erklärungen dazu. Das hilft, unser Rechtssystem besser zu verstehen, zeigt aber auch, dass wir Aussiedler uns – trotz mancher Mängel in einigen Gesetzen – auf große Solidarität seitens der Bundesrepublik verlassen können, wofür wir, denke ich, sehr dankbar sein können.
Doris Hutter