24.01.2023:

Jahresempfang HdH

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„Heimatverbundenheit und Weltoffenheit kein Widerspruch“

In der Begrüßung der Ehrengäste sprach Doris Hutter, die heuer scheidende Geschäftsleiterin des Hauses der Heimat (HdH), von Veränderungen, die „von der Unternehmensspitze nicht nur angestoßen werden, sondern auch dort beginnen müssen“ (William Wiggenhorn, Manager), von Verjüngung im HdH und dass „wir der Wandel sein müssen, den wir in der Welt zu sehen wünschen!“ (Mahatma Gandhi). Was der Abend und die Gäste dann noch ins Spiel brachten, waren das Anpacker-Gen, Gemeinschaftsgeist, menschliche Nähe, gute Stimmung – Elemente, die eine Gesellschaft braucht, um ein solides Fundament für den notwendig werdenden Wandel sein zu können. Den Schlusspunkt setzte Dr. Heinke Fabritius mit ihrem beeindruckenden Vortrag.

Nach der „Serenade“ von Franz Schubert, meisterhaft interpretiert am Klavier von der Sprachschülerin Taisiya Yakovenya, sprach der Vorsitzende des Hauses der Heimat Werner Henning am 24. Januar in seiner Einführung davon, was das HdH trotz zurückliegender Widrigkeiten erreicht hat, und betonte: „Nur gemeinsam werden wir die Aufgaben der Zukunft bewältigen.“ Zum Schluss dankte er allen Ehrenamtlichen, „ohne deren Wirken es nicht so interessant im HdH wäre!“ Dr. Markus Gruber, Ministerialdirigent und Amtschef des Sozialministeriums, in Vertretung der bayerischen Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ullrike Scharf, erinnerte sich an seinen letzten Besuch im HdH, von dem er damals „gute Stimmung und Gemeinschaftsgeist mitgenommen und heute hier auch gleich wieder so verspürt habe…alle kommen zusammen und leben das Gemeinsame“. Verena Osgyan, MdL vom Bündnis 90/Die Grünen brachte es auf den Punkt: „Das HdH war immer ein Beispiel für Gemeinsinn und Zusammenhalt, da steckt ein Anpacker-Gen in Ihnen allen, das kann man nicht genug loben, herzlichen Dank!“ In Vertretung des Bezirkstagspräsidenten von Mittelfranken sprach sein Stellvertreter Daniel Arnold, Bündnis 90/Die Grünen, von den Herausforderungen des Vereinslebens nach Corona allgemein und von Zuversicht, dass im HdH der Staffelstab an die nächste Generation weitergegeben werden kann, denn „Sie packen es an!“ „Hier findet Begegnung statt, menschliche Nähe, Verbundenheit und Zusammenhalt, etwas, was schon einzigartig ist!“, sagte Andreas Krieglstein, Stadtrat, Fraktionsvorsitzender der CSU und in Vertretung des Oberbürgermeisters Marcus König. Dann dankte er den Vertriebenen und Aussiedlern für die Aufbauarbeit in der Stadt Nürnberg. Thorsten Brehm, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, gratulierte Werner Henning zum Vorstandsvorsitz mit den Worten: „Ich denke, es ist ein unglaublich schönes Ehrenamt!“ Dann dankte er Horst Göbbel für das langjährige ehrenamtliche Brückenbauen, er habe ihn als offenen und klugen Gesprächspartner kennengelernt. Außerdem dankte er „all denen, die den Geflüchteten aus der Ukraine die Hand ausgestreckt haben. Das ist eine schöne menschliche Geste. Sie hier im HdH standen für mich immer dafür, dass Heimatverbundenheit und Weltoffenheit kein Widerspruch ist. Das ist sehr wichtig, denn Sie halten diese Stadtgesellschaft zusammen mit den Werten, die Sie hochhalten. Danke!“

Wer sind diese Leute, die von den anwesenden Politikern so viel für ihr Anpacken und ihre Werte gelobt wurden? Neben den Angestellten des HdH, sagte Doris Hutter, seien es die Ehrenamtlichen in den Arbeitskreisen und viele Vertreter der 38 Mitgliedsvereine: „Sie tragen dies Haus und sie wandeln die Fördergelder in wichtige Projekte um, sie sind die Aktiven, die unsere Kultur aus den Herkunftsländern hier einbringen, pflegen und weiterentwickeln, sie motivieren Landsleute und Jugendliche, unsere Traditionen am Leben zu erhalten und die neue Heimat damit zu bereichern, sie ringen um gute Ansätze, sie organisieren Veranstaltungen.“

Neben 19 Mitgliedsvereinen waren auch befreundete Institutionen, vor allem aus dem Stadtteil Langwasser, im Saal vertreten. Sie konnten sich auch von den künstlerischen Fähigkeiten zweier Gesangsgruppen überzeugen: die Jugendgruppe „Remix“ und die Frauengruppe „Volksquelle remixed“ traten mit je einem Lied auf und enteten nicht nur Applaus, sondern auch das Lob, ein beachtliches Niveau zu haben.

Und dann folgte eine Lehrstunde, die auf faszinierende Weise Heimatverbundenheit und Weltoffenheit mit Kunst verband. Die Referentin des Abends, Kunstwissenschaftlerin Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim, begeisterte ihr Publikum nicht nur durch das behutsame Hinführen zum Erfassen künstlerischer Details, sondern verblüffte zunächst durch die Wahl ihres Themas „Lilian Theil: Bilder für die Gegenwart“. Die Künstlerin Lilian Theil in Siebenbürgen ist nämlich 90 Jahre alt und begann ihre künstlerische Tätigkeit im Alter von 60 Jahren. Sie wanderte nicht aus. Und sie gestaltete ihre Bilder mit einem Material, das wesentlich mit der Auswanderung ihrer Landsleute zu tun hatte: Lilian Theil nahm sich der Überbleibsel der Gegangenen an und wandelte das, was die Auswanderer zurückgelassen hatten, in Kunst um. So entstanden ihre Patchwork-Bilder, die bei Ausstellungen z.B. in Bukarest und einigen Städten Deutschlands hochbegehrt sind und auch von Jugendlichen begeistert aufgenommen werden. Darüber hinaus ist Lilian Theil neben dem Umgang mit Geschichte etwas anderes sehr wichtig: Nach der Lektüre der Schrift „Die Grenzen des Wachstums“ vom Club of Rome, gehörte sie zu den Ersten im Osten Europas, die seit 30 Jahren, aus bewusstem ökologischem Interesse sparsam und nachhaltig gelebt hat. Dr. Fabritius erwähnt und unterscheidet dabei, dass diese „Sparsamkeit in der Wahl und im Umgang mit dem bildnerischen Material“ durchaus unterschieden werden muss, von jener unfreiwilligen Zurückhaltung, welche die Mangelwirtschaft zu kommunistischen Zeiten den bildenden Künstlern im östlichen Europa auferlegte. Tief beeindruckt von diesem schönen Vortrag, von den Bildern und von der Persönlichkeit Lilian Theil, die sich in so unpathetischer Art mit ihrer Kunst der Geschichte und den dargestellten Personen nähert, vernehmen die Zuschauer zum Schluss, was Lilian Theil zu ihren Kunstwerken sagt: „Ich will mit den Bildern so wirken, wie die Fresken früher in der Kirche. Sie wollen alle ansprechen, sie sind für das Volk.“

Die anschließenden Gespräche und Begegnungen am Buffet des Jahresempfangs im HdH sind fröhlich, geprägt von vorhin erwähnter menschlicher Nähe, Gemeinschaftsgeist, Zusammenhalt, guter Stimmung. Und vom Zauber einer Künstlerin, die in ihrer Heimatverbundenheit einen selbständigen Blick auf die Welt wirft, der so erstaunlich tief und weitblickend ist!

Doris Hutter