18.11.2005:

Euro-Musical

„Wir bauen Europa“ – Musik, Spiel und Infos

Eine musikalische Begegnung mit Europa in Nürnberg-Langwasser

„Europa ist ein großes Haus mit vielen, vielen Zimmern… Wenn alle zusammenhelfen in diesem Haus Europa, dann kann es für alle eine glückliche Heimat werden“, so die Erzähler Anja Landenberger und Benjamin Thoma von der Bühne des Gemeinschaftshauses Nürnberg-Langwasser vor dem Hintergrund des Chorliedes „Wir bauen Europa“ – so heißt auch das Musical, das hier am 18. November seine Premiere hatte. Die einmalige Kulturveranstaltung hat die Projektleiterin Dorothea Walter im Rahmen des landsmannschaftlichen Projektes „Tintenklecks und Tausendfüßler“ mit Kindern und Jugendlichen aus den Projektgruppen sowie Gruppenleitern in monatelanger Vorbereitung auf die Beine gebracht.

Auf der Bühne ein großes bunt bemaltes Haus mit vielen Fenstern und Gesichtern und darüber ein Regenbogen mit Sonne – das Symbol des Hauses Europa. Für zwei Stunden zauberten die Moderatoren Anja und Benjamin zusammen mit den jungen Sängern und Tänzern aller Altersgruppen ein „friedliches und gemeinsames Europa“ und zeigen den Zuschauern, wie das gehen könnte – „mit Herz und Kopf und Hand“. Es ging um Schönheit und um Menschen, die zwar verschieden sind und doch so viel Gemeinsames haben, um Umweltverschmutzung und was jeder dagegen tun kann, um Konflikte und ihre friedliche Lösung, um die Not in der Dritten Welt und darum, dass die Weißen und die Schwarzen ganz fest zusammen gehören.

Der große Saal des Gemeinschaftshauses war zum Bersten voll, über 250 Gäste quer durch alle Altersgruppen versammelten sich zur Premiere und heizten die jungen Darsteller mit begeistertem Beifall und Bravo-Rufen an. Auch zahlreiche Ehrengäste ließen sich die Chance nicht entgehen, in die gebotene Kulturvielfalt einzutauchen, darunter Horst Förther (Bürgermeister der Stadt Nürnberg), Gerhard Landenberger (Regierungsrat Bundesamt für Migranten und Flüchtlinge, Nürnberg), Doris Hutter (Geschäftsleiterin HdH Nürnberg), Edda Probst (Landsmannschaft der Banater Schwaben), Karl-Heinz Hannweber (leitender Dipl. Psychologe für Kinder und Jugendpsychiatrie, Stadtklinikum), Herr Höffler (Caritas-Spätaussiedlerberatungsstelle Langwasser) und Schwester Anna (Seelsorgerin für Russlanddeutsche).

„Kunst verbindet und Kunst weckt Verständnis“, betonte der Nürnberger Bürgermeister und Schirmherr der Veranstaltung, Horst Förther, in seiner Begrüßungsrede. Das ist auch das Ziel des Integrationsprojektes, das seit 2003 in Nürnberg läuft und vom Bundesinnenministerium gefördert wird. Musizieren, Singen uns Spielen ohne Grenzen fördere das gegenseitige Verstehen. Musik als verbindendes Element sei ein idealer Weg, gleichzeitig auf die kulturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufmerksam zu machen, beschrieb Dorothea Walter den Sinn ihres Projektes, das außer der Gruppenarbeit in Interessengemeinschaften mit Singen, Tanzen, Malen und Theater auch Vorbereitung auf die Schule, Nachhilfeunterricht und Freizeitangebote umfasst.

Im Laufe der Projekttätigkeit hat sich eine Jugendgruppe junger Russlanddeutscher gebildet, die auch den Kern des Musicals bildet. Aber auch einheimische Jugendliche, wie die Moderatoren Anja und Benjamin, sowie Vertreter anderer Migrantengruppen standen als Sänger und Tänzer auf der Bühne. Rund 54 Kinder und Jugendliche (überwiegend Gymnasialschüler und sechs Jugendliche aus der NOA-Ausbildungswerkstatt, Stadt Nürnberg) beteiligten sich an den sängerischen und tänzerischen Einlagen.

Die Lieder „Wir bauen Europa“, „Bon jour“, „Seht, wie schön die Berge“, „Reicht euch froh die Hände“, „Alle sind wir Geschwister“ oder „Friede allen Menschen“ – solo (Mariana Fuchs und Veronika Bondarenko) und im Chor gesungen, sowie Tänze verschiedener Völker Europas (Deutschland, Russland, Holland, Griechenland, Ungarn, Spanien und gemeinsamer Abschlusstanz), von sechs Tanzpaaren in Choreographie von Franz Hof aufgeführt, schufen eine schillernde musikalische Begegnung mit Europa besonderer Art. Der Gedanke eines Musicals vom friedlichen und gemeinsamen Europa sowie die Verpflichtung zur Solidarität mit Schwachen und Außenseitern kommt von Franz Moser, Professor für Musikerziehung an der Pädagogischen Akademie in Linz, die Dorothea Walter und ihre ehrenamtlichen Helfer weiterentwickelt und mit eigenen Ideen bereichert haben.

Die musikalische Leitung übernahm die Projektleiterin Dorothea Walter: Mit dem Musical hat sich die Dipl. Musikpädagogin, die seit 1984 in Deutschland lebt und aktiv in der Landsmannschaft mitwirkt, einen Traum verwirklicht. Auch die Gruppenleiter Nadja Gubar (Kinder- und Jugendtanzgruppe), Franz Hof (Jugendtanzgruppe) und Marina Fuchs (Kinderchor) legten sich mächtig ins Zeug. Beim Bemalen der Bühnendekorationen halfen außer Albert und Andreas Mann auch Kinder und Jugendliche aus der Malgruppe „Neuimpressionisten“, die im Rahmen des Projektes arbeitet. Im Foyer konnte man sich auf zehn Stehtafeln über die Aktivitäten des Projektes in Bild und Wort informieren.

Bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung haben auch die ehrenamtlichen Helfer der Ortsgruppe Nürnberg kräftig mitgeholfen. An die 24 Personen zusammen mit dem Vorsitzenden Rudi Walter waren am Aufbau der Dekorationen, beim Ausschmücken des Saals und der Bühne, bei der Ton- und Lichttechnik sowie beim Verkauf von Kuchen und Getränken beteiligt.

Das Projekt wäre nie zustande gekommen, wenn wir nicht so viele Förderer und Sponsoren hätten, betonte die Projektleiterin. Neben dem BAMF Nürnberg und der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, bedanken sich die Organisatoren beim Haus der Heimat Nürnberg, der Sparkasse Nürnberg, die Universa-Versicherung, der Firma Fliesenleger Peter Klaus und der Elvida-Sprachschule Nürnberg für die Sponsorenhilfe.

Die Premiereveranstaltung diente unter anderem auch einem guten Zweck. Die Einnahmen wurden an das Stadtklinikum, Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie (Karl-Heinz Hannweber) übergeben.

Und schon am nächsten und übernächsten Tag zeigten die Jugendlichen Musical-Auszüge bei der Gedenkveranstaltung „60 Jahre Flucht und Vertreibung“ (djo) in Herzogenaurach und am Mahnmal für Flucht und Vertreibung in Nürnberg (djo und BdV). Und Dorothea Walter ist überzeugt, dass die jungen Darsteller auch im nächsten Jahr viele Gelegenheiten haben werden, mit Kunst für Verständnis und Toleranz zu werben.

Nina Paulsen