Die Rolle des HdH bei der Darstellung der Geschichte Langwassers
„Langwasser hat große geschichtliche Bedeutung, u.a. als exemplarischer Lernort für die Deutsche Geschichte der letzten 100 Jahre“ ist sich Siegfried Kett sicher. Und er belegte seine Aussage in einem Vortrag beim Jahresempfang des HdH. Der langjährige Leiter des Amtes für Kultur und Freizeit der Stadt Nürnberg sowie spätere Leiter des Bildungszentrums Nürnberg fesselte das Publikum mit der Darstellung einiger Etappen aus der Geschichte Langwassers, wie z.B. 1920, als infolge der Weltwirtschaftskrise der Essens-Notstand mit dem Anbau von Kartoffeln und Getreide auf dem Gebiet des jetzigen Stadtteils gelindert wurde, dem Bau der SA-und DJ-Lager, dem ersten Motorradrennen 1938 auf dem Reichsparteitagsgelände, der Zeit der Internierungslager für SS-Leute und „Displaced Persons“, worüber 1947 sogar ein amerikanischer Film gedreht wurde. Als 1949 die SA-Lager aufgelöst wurden, besiedelten besonders deutsche Vertriebene und Ausländer den Stadtteil. Nachdem 1954 auch noch ein Kriegsfilm gedreht wurde, für den der amerikanische Regisseur das noch bestehende Valka-Lager entdeckt und mit einem Mörder bestückt hatte, hielten sich jahrzehntelang negative Schlagzeilen über Langwasser. Die Stadt Nürnberg jedoch plante einen modernen Stadtteil mit Grünzügen, es entstanden ab Ende der 50-er Jahre neue Siedlungen, Kirchen und autofreie Wohngebiete in Langwasser, u.a. auch das sehr fortschrittliche Kaufhaus „FrankenCenter“. Das Lager für Asylbewerber, in dem eine Behörde mit 40 Mitarbeitern begann, 1960 nach Zirndorf verlegt wurde und jetzt mit ca. 40.000 Mitarbeitern das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) in Nürnberg ist, zeugt von einem hohen Anteil von Asylsuchenden in den Nachkriegsjahren.
Das Thema Flüchtlinge und die Ängste in der deutschen Bevölkerung wurde auch von den Rednern des Jahresempfanges 2016 aufgegriffen. Für Horst Göbbel, Vorstandsvorsitzender des Hauses der Heimat (HdH), ist klar: Menschen in Not muss man helfen! Und er fuhr fort: „Wir verschließen uns nicht den vielen sinnvollen Initiativen zur besseren Betreuung von Flüchtlingen, zu deren Integration in unsere Gesellschaft. Wir zugewanderte Mitbürger wissen aus eigener Erfahrung, wie komplex Integration ist.“ Ehrengast Petra Guttenberger, MdL, CSU sieht die Landsmannschaften und das HdH als „Orte erfolgreicher, ja gelungener Integration von Jung und Alt und eine Bereicherung für die aufnehmende Gesellschaft“, Daniel Forster, persönlicher Referent des bayerischen Staatsministers Dr. Markus Söder, zitierte aus dem Grußwort von Dr. Söder und nannte die Leistungen als „vorbildhaft“ und war selbst sehr beeindruckt, dass im HdH der Jahresempfang traditionell neben den Ehrenästen auch den Ehrenamtlichen gewidmet ist. Stadtrat Werner Henning, CSU dankte den Ehrenamtlichen ausdrücklich für ihren Einsatz. Christa Naaß, SPD überbrachte die Grüße des Bezirkstagspräsidenten von Mittelfranken Richard Bartsch und freut sich als seine Stellvertreterin, dass die Zuschüsse des Bezirks an das HdH auf nahrhaften Boden fallen, vor allem, weil sie auch in die Jugendlichen investiert werden, was man z.B. an den vier Mädchen aus der Singgruppe „remix“ besonders gut erkennen könne. Die etwa zehnjährigen Sängerinnen unter der Leitung von Olga Philipp begeisterten die Gäste souverän erst mit einem deutschen, große Zuversicht verbreitenden Lied und sangen danach auf Russisch das flotte Lied „Zwei beste Freundinnen“. Weitere musikalische Höhepunkte waren Peter Tschaikowskis „Januar“ und Edvard Griegs „Im Frühling“, meisterhaft am Klavier vorgetragen von Prof. Dr. Nataliya Zabolotnaya, eine Ukrainerin, die vor einem Jahr aus Moskau nach Deutschland kam und Schülerin des Sprachkurses im HdH ist.
In Vertretung des Nürnberger Oberbürgermeisters Dr. Ulrich Maly sprach die SPD-Stadträtin Diana Liberova, selbst aus Russland zugewandert, ein Grußwort und versuchte anlässlich der Demonstrationen in Nürnberg gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, die auch von Russlanddeutschen organisiert wurden, die Frage „Was ist es, was die Menschen auf die Straße treibt?“ zu beantworten: Verunsicherung und Zukunftsängste können in Verblendung und Intoleranz münden, wenn die Zuwanderer nicht erreicht werden können, wenn sie sich abschotten, auf falsche Meldungen hereinfallen und in Krisenzeiten leichtgläubig einfachen Antworten aufsitzen. Deshalb sei es wichtig, dass mehr Zuwanderer eine echte Heimat in Deutschland finden, Orte finden können, wo sie sich austauschen und ihre Ängste aussprechen können, Orte wie das HdH, wo man sich zu Hause, also geborgen fühlen kann. Zum Glück sind die Demonstranten nur ein verschwindend kleiner Teil der Zuwanderer aus Russland, die sich mehrheitlich wohl und sicher in Deutschland fühlen. Frau Liberova hofft und vertraut darauf, dass die Parolen der vor allem rechtsextremistischen Hetzer entlarvt werden und dass „immer mehr Menschen sich klar werden, dass wir nicht zulassen dürfen, dass in einem Rechtsstaat Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Polizei aufkommen.“ Sie schloss mit den Worten: „Auch die Zivilgesellschaft muss mithelfen in einem Miteinander mit der Polizei die Ängste der Menschen ernst zu nehmen!“ Stadträtin Monika Krannich-Pöhler vom Bündnis 90-Die Grünen meinte, man solle nicht nur die Schwierigkeiten sehen, sondern auch das Pflänzchen, das trotzdem wächst. Sie erfahre von vielen Helfern in den Notunterkünften trotz hoher Belastungen viel Freude an der Arbeit, weil sie die Dankbarkeit der Flüchtlinge erleben. Die Arbeit des HdH schätzt sie sehr: „Das HdH bietet auch eine Heimat, die Brückenschlag ist zu Nürnberg. Sie schaffen Willkommenskultur, die Sie auch nach außen tragen, in den Stadtteil, das ist wunderbar!“
Das HdH hat sich auch schon in der Flüchtlingshilfe eingebracht. Seine Hauptaufgabe sieht es weiterhin in der Kultur- und Bildungsarbeit, die es demokratiefeindlichen Ideen und Handlungen entgegen setzt. Dazu gehört auch die Aufarbeitung der Geschichte der Zuwanderer.
Siegfried Kett sieht „Langwasser auch als Ort erfolgreicher Integration und Zuwanderung“ und erläuterte, was das HdH bei der Darstellung der Geschichte Langwassers machen kann: die Geschichte des Herkunftsgebietes präsentieren und auch persönliche Schicksale und die Eingliederung in Langwasser erfassen, um auch die aktuelle Lage im Stadtteil festzuhalten. „Das ist wichtig sowohl für das HdH als auch für Langwasser.“, betonte der Referent.
Joachim Lukas, der schlesische Brückenbauer, führte kurz in seine Ausstellung „Hl. Hedwig, die Patronin Schlesiens“ ein, wobei er auch Breslau, die europäische Hauptstadt 2016 erwähnte, und konnte sogar mit einem Hedwig-Kodex zum Anschauen aufwarten. Die zweite Ausstellung „Bäderland Schlesien“ konnte auch bewundert werden, während man die kulinarischen Spezialitäten schlesischer Herkunft genoss: Häckerle-Brötchen, Streußel- und Mohnkuchen. Den Bäckerinnen aus den Reihen der Schlesierinnen sei dafür herzlich gedankt. Eine Banater Schwäbin überraschte die Gäste mit vier selbstgebackenen Kuchen, so dass die zahlreichen Gäste eine große und köstliche Auswahl hatten.
Solche Helfer wie auch das Stemmen der ganzen Veranstaltung durch die Mitarbeiter des HdH zeichnet den Verein HdH e.V. Nürnberg aus: Man packt selbstverständlich an, auch wenn man zu den Ehrengästen gehört! Das fühlen die Gäste des HdH und sie genießen sichtlich diese Willkommenskultur.
Doris Hutter