Vereint in der Pflege eines sächsischen Brauches
Urzeln aus Siebenbürgen zu Gast bei den Urzeln in Franken
„Wir werden so schnell nicht vergessen wie wir unsere Zeit in Deutschland verbracht haben…“ schrieb Zunftmeister Radu Curcean danach. Das Mega-Urzelfest in Franken begann schon am Samstag, 14. Februar mit der Anreise der 40 Urzeln, vorwiegend junge Menschen, die den Brauch in Agnetheln/Siebenbürgen pflegen. Unter der Leitung von Bogdan Pătru, Deutschlehrer, der 2006 in Agnetheln das Urzellaufen nach der Wende mit seinen Schülern belebte, wurde 2007 zusammen mit aus Deutschland angereisten Urzeln der erste gemeinsame Urzeltag gefeiert. Seither gibt es den Urzeltag in Agnetheln jährlich mit rund 200 Urzeln, von denen einige heuer die Einladung der Urzeln aus Franken angenommen haben.
Nach dem Empfang der Gäste im Haus der Heimat (HdH) Nürnberg wurde ihnen von Urzeldame Dagmar Seck eine Führung durch die Altstadt Nürnbergs, die den „ältesten Fastnachtszug der Welt“ vorweisen kann, geboten. Am Abend präsentierten die Urzeln unter der Leitung von Doris Hutter in Roßtal auf dem Faschingsball den Urzelbrauch, wobei auch das Peitschenknallen und Reifenschwingen vorgestellt wurden. Mit großem Applaus und dem sichtlich begeisterten Bürgermeister Johann Völkl würdigte das Publikum den Auftritt der Urzeln, die die fröhliche Stimmung im Saal gerne aufnahmen und noch lange mittanzten.
Am Sonntag 10 Uhr war Treffen im Nürnberger HdH. Einige Urzeln kamen aus dem Stuttgarter Raum, um die Agnethler in Nürnberg zu treffen, und gerne erinnerte man sich des gemeinsamen Urzellaufens in der alten Heimat, z.B. 2011 beim 100-jährigen Jubiläum der Urzelparade.
Rund 110 Urzeln stiegen gegen Mittag in die U-Bahn und boten in der Altstadt den Nürnbergern den bisher größten Urzelauftritt: Yvonne Roth hatte beim Reifenschwingen den 15-jährigen Bogdan Dobre als Kollegen, zwei Akkordeonspieler begleiteten sie: Reinhold Burkart und Alfred Untch und – ein Novum in Nürnberg – die Gäste hatten die Kürschnerkrone und ihre Fahne „Breazla lolelor“ mitgebracht. 80 000 Nürnberger jubelten den Urzeln und auch den Nösnern mit deren Brauch des Winteraustreibens zu, so dass es richtig Spaß machte, gemeinsam durch die Altstadt zu laufen.
Vor dem Urzelkrautessen im HdH dankte Doris Hutter den Agnethler Gästen, dass sie den Brauch dort pflegen, wo er entstanden und jahrhundertelang gelebt wurde, weil er in Agnetheln ansonsten verschwunden wäre, und schloss mit:
„Das Band der Freundschaft reiße nicht! Drum, Freunde, lasst uns singen schlicht
vom Land, das uns vertraut anzieht. Singt mit das Siebenbürgenlied!“,
wonach alle „Siebenbürgen, Land des Segens…“ sangen.
Es wurde auch für die Helfer im HdH, besonders für die, die am Vortag das Urzelkraut zubereitet hatten, geknallt, danach die neuen Urzeln getauft, gesungen, die liebevoll bemalten Urzelschellen von Mircea Cristea bewundert und aus der alten Heimat erzählt. Ein bereichernder Tag für Viele, wie Bogdan Pătru nach der Heimkehr schrieb: „Ich muss dir noch sagen dass wir uns alle großartig gefühlt haben, wir sind von der Organisierung, von der tollen Stimmung, von eurer Wärme beeindruckt. Herzliche Glückwünsche für alles was ihr macht. Den schönen Eindruck den wir mitgenommen haben werden wir weiterleiten, dieses unvergessliche Wochenende zusammen mit euch wird uns lange in Erinnerung bleiben.“
Der Umzug in Nürnberg wurde auch heuer vom Urzellaufen in Wolframs-Eschenbach am 8. und in Weisendorf am 17. Februar umrahmt. In Weisendorf führen die Urzeln den Gaudiwurm schon seit zehn Jahren an. Seit elf Jahren sind sie Gäste im Haus von Brigitte und Gerhard Berner. Letzterer feierte am gleichen Tag seinen 60. Geburtstag, was nicht nur von den Urzeln auf dem Markt, sondern auch vom Heimatverein und Bürgermeister gewürdigt wurde. Die Urzeln rechnen es dem Fogarascher Hausherrn hoch an, dass die Berners ihr ganzes Haus für die Urzeln zur Verfügung stellen, und kürten ihn zum „Urzel-Zunftmeister von Weisendorf“. Damit darf er die Urzeltaufen in Weisendorf vollziehen, wie z.B. am dreijährigen Vincent, eine Ehre, die man sich halt erwerben muss! So wird Spaß und Tradition vereint, so werden die Urzeln, egal wo sie herkommen, in der Brauchtumspflege vereint.
Doris Hutter