25.04.2009:

Jubiläumsfeier „10 Jahre Sprach- und Orientierungskurse im HdH“

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„Danke für jedes gute Wort…“

10 Jahre Sprach- und Orientierungskurse im Haus der Heimat Nürnberg
Jubiläumsfeier am 25. April 2009 im Gemeinschaftshaus Langwasser

„…danke für Ihre Geduld…danke für gute Freundschaft…“ Horst Göbbel, der Vorstandsvorsitzende des Hauses der Heimat Nürnberg, hatte als Auftakt seiner Begrüßung den Abschlussbrief einer Sprachschülerin aus dem Jahr 2003 zitiert, den er vor Beginn der Feier im Foyer auf der Ausstellungstafel mit Bildern und Briefen der Schüler aus zehn Jahren gelesen hatte.
Dann begrüßte er alle Jubiläumsgäste, unter ihnen Hermann Kehl, Stellv. Leiter des Bildungszentrums als Vertretung der Stadt Nürnberg und von OB Dr. Ulrich Maly, Peter Daniel Forster, Bezirksrat in Vertretung von Bezirkstagspräsident Richard Bartsch, Stadträtin Helmine Buchsbaum, Vorstandsmitglied des HdH, Jörg Fritsch, den Vorsitzenden des Bürgervereins Langwasser, Margarete Kiss, die Geschäftsleiterin des Aussiedlerbeirats der Stadt Nürnberg, Vertreter der Polizei und Caritas, einige Vorsitzende von Mitgliedsverbänden, Arbeitskreissprecher- und Mitglieder, ehrenamtliche Helfer, die Angestellten des Hauses und ganz besonders die beiden Sprachlehrerinnen Lydia Pastarnak und Olga Vetter. Er fuhr fort:
„Wenn wir auf die 10 Jahre Sprach- und Orientierungskurse im Haus der Heimat zurückblicken, haben wir Grund zum Jubeln, Grund zum Feiern. Viele Personen sind an diesem Jubiläum beteiligt. Sie haben viel Zeit, Idealismus und ihr Können dafür investiert. Wir, die Zuhörer, bekommen heute die Gelegenheit, auch dem Können wunderbarer Musiker zu lauschen. Musik ist jedoch nur ein Teil der Jubiläumsfeier: Hier geht es in besonderem Maße um Spracherwerb, um die Nutzung der deutschen Sprache, um Neuorientierung in einem neuen Land.“ Dann dankte er den Förderern des HdH, in erster Linie der Stadt Nürnberg, allen ehrenamtlichen Helfern im Rahmen der Sprach- und Orientierungskurse und nicht zuletzt den beiden Sprachlehrerinnen, die zunächst im Haus der Heimat ehrenamtlich tätig waren, bevor die Sprachkurse gegründet wurden, die als echte Partner, mit viel Fingerspitzengefühl, Idealismus und Realismus wirken, und betonte: „Sie leisten echte Integrationsarbeit. Integration heißt für mich, jemandem die Möglichkeit zu eröffnen, sich bei uns einzufügen, sich einzubringen, ohne sich aufzugeben. Demnach muss das Aufnahmeland Integrationsangebote bereitstellen, während die Zuwanderer berechtigt, aber auch angehalten sind, sie wahrzunehmen.“ Zum Abschluss schwärmte Horst Göbbel von den im Haus der Heimat erlebten Abschlussfeiern der Sprachschüler: „Ich erlebte die Spontaneität dieser Menschen, das Ausdrücken der Freude, etwas gelernt und verstanden, Gemeinschaft erfahren zu haben, Dankesworte, gemischt Deutsch und Russisch, Musik und Tanz– es war außergewöhnlich und großartig!“
Im Willkommensgruß der beiden Sprachlehrerinnen hieß es u.a.: „Unser Haus der Heimat ist klein, aber die Atmosphäre ist sehr häuslich und jeder fühlt sich wohl… Eine Sprache zu lernen, ist nicht so einfach, dazu braucht man viel Zeit und auch den eigenen Willen. Eine Sprache kann man nicht durch fremdes „du sollst“, sondern durch eigenes „ich muss“ erlernen. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es einem zweisprachigen Lehrer leichter ist, eine Brücke zu den Menschen zu bauen. Wir waren die Bezugspersonen, denen Sie Ihre Ängste, Ihre Schwierigkeiten, Ihre Probleme anvertraut haben. Wir versuchten zu jedem von Ihnen Kontakt aufzubauen und das Lernprogramm so zu gestalten, dass Themen aus Lebenssituationen im Mittelpunkt standen. Und wir freuten uns, wenn wir sahen, wie Sie mit Ihrem Fleiß in der Sprache einen kleinen Schritt nach vorne machten.“
Als Hermann Kehl das Grußwort der Stadt überbrachte, waren schon Peter Tschaikowskys „Neapolitanischer Tanz“, „Lauras Geist“ von Franz Liszt sowie ein Walzer von Frederic Chopin von Jakov Volftsun an der Trompete und Oleg Madorski am Klavier vorgetragen worden. So zeigte er sich „tief beeindruckt, wenn ich Ihr Programm ansehe. Besonders gefällt mir die Kombination Sprachkurse und Musik. Ich bin sehr beeindruckt von dem, was ich gehört habe.“ Irma Moser, die damalige Kulturreferentin der LM der Deutschen aus Russland, war bei der Gründung der Sprachkurse dabei: „Ich habe es selbst miterlebt, in kürzester Zeit musste man neuen Stoff vorbereiten, Lehrpläne schreiben und genehmigen lassen, Lehrbücher kaufen, Klassenzimmer vorbereiten und das Wichtigste: die Teilnehmer in Empfang nehmen. Es war nicht einfach, aber die drei haben es mit Bravour gemeistert.“
Die Geschäftsleiterin des HdH, Doris Hutter gab anhand von Bildern aus den 10 Jahren Sprach- und Orientierungskurse einen Einblick in den Alltag, die Feste, das Bildungsprogramm und die Angebote, die über das Erlernen der Sprache hinausgehen: praktische Hilfe im täglichen Leben, Ratschläge, Trost, Wärme, Verständnis und Respekt vor dem Schicksal, noch fremd in Deutschland zu sein. Sie sagte u.a.: „…Es werden gemeinsame Sorgen entdeckt! /Gemeinsam nach Lösungen suchen ist gut, / die Schule gibt Freundschaften, Kraft und viel Mut.“ Oder:
„Man weiß es, wie wichtig das Deutschsprechen ist,
man übt und man kämpft und man stottert und liest,
und doch ist es nicht nur die Sprache allein,
man möchte ein Teil der Gesellschaft gern sein.
Dazu gehört Wissen, Versteh’n und Respekt
vor dem, was man um sich sieht, und im Land steckt.“
Studienreisen, Bräuche und Sitten der Deutschen sollten gerade diese Lücken füllen. Und sie fielen auf fruchtbaren Boden, wie die Ausstellung der beiden Lehrerinnen zeigt:
„Die Ausstellung, die Sie heut sehn auf dem Flur,
mit Liebe erstellt, das ist Hingabe pur.
Drum liest man in Briefen, wir hören es oft,
wie sehnlich ein weiterer Kurs wird erhofft,
wie dankbar die Lehrerin stets wird verehrt,
wie lang manche Freundschaft sehr innig noch währt.“
Das gesamte künstlerische Programm wurde von ehemaligen Sprachschülern gestaltet. Tatjana Welker an der Violine und Elena Ovsiyenko am Klavier spielten einen Walzer von Dmitri Schostakowitsch und von Claude François Jacque Revaux „My way“, das Trio „Gesang“ beendete den 1. Teil mit Volksliedern, einem deutschen, deutsch-russischen und einem ukrainischen. Nach einer Pause, in der viele Schüler sich an den Bildern der Ausstellung freuten, erklangen „Andalyse“ und „Spanischer Tanz“ von Pablo de Sarasatte vierhändig am Klavier vorgetragen von Elena Ovsiyenko und Sergej Parparov sowie Lieder von Edward Grieg und Georges Bizet, gesungen von Ludmilla Hauer, begleitet am Klavier von Elena Ovsijenko. Das Publikum zollte immer wieder begeistert Applaus. Einige Schülerinnen lasen Dankesworte aus einstigen Abschlussfeiern vor und es sang Natalia Sigalova begleitet am Klavier von Sergej Parparov. Ein weiterer Höhepunkt war das Duo Mery Millner und Marina Vecherovskaja am Klavier mit Michael Glinkas „Fantasie“ und Richard Eilenbergs Galopp „Petersburger Schlittenfahrt“. Das künstlerische Niveau war beeindruckend.
Der Abend klang sehr gefühlvoll mit Volksliedern aus. Ella und Andrej Trosman präsentierten ein russisches, ein deutsches und ein jiddisches Lied mit Keyboard-Begleitung und Tatjana Nickelwardt wurde bei einem deutsch-russischen Lied von Wladimir Nickelwardt am Knopfakkordeon begleitet. Mit dem gemeinsamen Lied „Moskauer Nächte“ wurde die Stimmung in den Sprachkursen des Hauses der Heimat wieder aufgenommen und als schönes Miteinander feuchten Auges noch mal zelebriert. Olga Vetter und Lydia Pastarnak, deren Enkeltöchter Nicole Vetter und Anna Malygin durch das Programm geführt hatten, sprachen abschließend zu allen Sprachschülern: „Sie waren und sind für uns und für das Haus der Heimat eine Bereicherung, weil wir Ihr Staunen, Ihre Natürlichkeit und das uns entgegengebrachte Vertrauen erleben konnten. Sie beeindruckten uns oft durch Ihre Gelassenheit, Offenheit und Herzenswärme und erfreuten uns durch Ihre Dankbarkeit. Wir danken Ihnen dafür. Eine herzliche Umarmung und alles Glück der Welt!“ Das reichhaltige Programm endete mit einem Blumenmeer, Glückwünschen und vielen Dankesworten für Herzlichkeit und Seele, Vermittlung von Wissen und Respekt, für Gemeinschaft und schöne Stunden, die im Haus der Heimat erlebt werden konnten.

Doris Hutter