Den schweren Atem der Geschichte spüren:
Die Deutschen am Weißen Meer
„Das Leben, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird nach vorn gelebt und nach hinten verstanden.“ Mit diesem Zitat von Friedrich Schorlemmer begrüßte der Vorstandsvorsitzende des Hauses der Heimat Nürnberg Horst Göbbel die zahlreichen Gäste. Nachdem er die Ehrengäste, darunter die Bürgermeister Horst Förther, auch als Vertreter des OB Dr. Ulrich Maly, und Dr. Klemens Gsell, Bezirkstagspräsident Richard Bartsch, Bezirksrat Andreas Kriegelstein, Hans-Peter Schwab, Leiter des Ausgleichsamts und Vertreter der Regierung von Mittelfranken, Stadträtinnen und Stadträte von der CSU und Jungen Union, von der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, MdL a.D. Dr. Sieghard Rost und zahlreiche weitere Eingeladene/Ehrengäste von städtischen Institutionen oder befreundeten Vereinen namentlich ansprach, wurde klar, wie dieses Zitat gemeint ist: Wir sollten auch zurückblicken in eine Zeit, die uns künftig erspart bleiben möge, nämlich die der Diktatur und grausigen Menschenverachtung. So schlug er den Bogen zum Vortrag des Abends „Die Deutschen am Weißen Meer“, in dem Anton Bosch vom Historischen Forschungsverein der Deutschen aus Russland am Beispiel Gulag eine Beziehung beleuchtete, die das Haus der Heimat mit Geschehnissen verbindet, die nicht vergessen werden dürfen. Der Referent führte anhand einiger Bilder und eines Filmausschnitts über ein Projekt des Hauses der Heimat betreffend die neu gebaute Gedenkstätte der Russlanddeutschen in Archangelsk in eine Welt, die nicht verschüttet werden darf, er machte viele Menschen nachdenklich und nahm die Gäste auf eine gewaltige, notwendige, schwierige doch aufschlussreiche Reise mit. Er gab ihnen Gelegenheit, den schweren Atem der Geschichte des Archipels GULAG mit- und aufzunehmen und ihn einwirken zu lassen. Er öffnete Tore und Türen, die einen freier, klarer und einsichtiger in die Zukunft blicken lassen.
Dazu passte hervorragend die musikalische Umrahmung zweier russlanddeutscher Akkordeonisten, nämlich Wladimir Efa aus Usbekistan mit dem Walzer Nr. 2 von Dimitri Schostakowitsch und Dr. Andreas Meier geboren in Krasnokamsk im Ural mit einem Potpourri russischer Volksweisen. Das Akkordeon-Duo begeisterte die Gäste auch mit der Polonaise „Abschied von der Heimat“ von Michail Oginski, ein Musikstück, „das unter die Haut geht und die Seele berührt“, wie Horst Göbbel dankend sagte.
Zu den kulinarischen Genüssen des Abends gehörten die typisch russischen Piroschki und zum einleitenden Ohrenschmaus drei Grußworte prominenter Gäste. Horst Förther hob einige Erfolge der Stadt Nürnberg hervor, wie z.B. den Hafen, der als zweitbester in Deutschland gilt. Oder die Messe, die an 15. Stelle in der Welt steht. Er erwähnte stolz, dass die Nürnberger Bürger laut Umfrage mit ihrer Stadt sehr zufrieden seien (unter fünfzehn großen Städten steht Nürnberg an zweiter Stelle). „Sie sind nicht unschuldig an dieser Zufriedenheit, denn Sie tragen dazu bei, durch Ihre Integrationsarbeit!“ sagte er abschließend. Ähnlich lobend drückte sich auch Bürgermeister Klemens Gsell aus: „Was wir hier investiert haben, ist von Ihnen und Ihrer Arbeit für die Spätaussiedler und Heimatvertriebenen mit Zins und Zinseszins zurückgekommen.“ Von den kulturellen Leistungen sei er manchmal richtig beeindruckt und manch fränkischer Brauchtumsverein könnte neidisch darauf blicken. Richard Bartsch überbrachte die Grüße des Bezirkstags und betonte, dass das Haus der Heimat über die Stadt Nürnberg hinaus auch für viele Menschen aus dem Umland wirkt und auch deswegen der Bezirk Mittelfranken gerne seine Kulturarbeit mit fördere.
Der Jahresempfang war auch dieses Mal allen ehrenamtlichen Mitarbeitern und Ehrengästen des Hauses der Heimat Nürnberg gewidmet. Sie geben dem Haus seinen frischen Atem gelebten Gemeinsinns und das Haus den Mitwirkenden ein Stück neue Heimat.
Doris Hutter