28.09.2007:

Herbstkonzert nach Vernissage einer Ausstellung

Die große Zeit des deutschen Theaters in Hermannstadt und
ein vielseitiges „Abendständchen“ im Hubertussaal

Der ehemalige Schauspieler des Hermannstädter Staatstheaters Rolf Maurer eröffnete am 28. September im Foyer des Nürnberger Hubertussaals die Ausstellung „425 Jahre deutsches Theater in Hermannstadt, 50 Jahre DASS (Dt. Abteilung des Staatstheaters Hermannstadt)“. Unter den Ehrengästen befand sich außer Stadträten auch Bürgermeister Horst Förther. Konzeption und Text der Ausstellung stammen von Horst Fassel, Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen, und Martin Rill, Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm. Veranstalter war das Haus der Heimat Nürnberg.

Den Exkurs in die Anfänge des Hermannstädter deutschen Theaters im 16. Jahrhundert beginnt der inzwischen in Esslingen am Neckar lebende Maurer mit den Worten von Thomas Mann: „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit“. Zur Theaterkunst hinführend beschreibt er seine Gefühle als Schüler in seiner Heimatstadt Mediasch, im Traube-Saal: Beim Erleben des „Wilhelm Tell“ liefen ihm Schauder über den Rücken. Als ein Wunder betrachtet er übrigens, dass Schillers „Tell“ im kommunistischen Rumänien gespielt werden durfte, wo es in anderen Diktaturen schon vor dem Zweiten Weltkrieg verboten worden war. Dieses Privileg der deutschen Schauspieler in Rumänien ergab sich glücklicherweise, weil deren Zensoren in mehreren Fällen nicht so genau hinschauten. So konnte eine alte Tradition erfolgreich weitergeführt werden.

Nach anfänglichen mobilen Theatergruppen begann im 18. Jahrhundert das regelmäßige Theater in Hermannstadt Fuß zu fassen. Die Blütezeit des Stadttheaters war Ende des 19. Jahrhunderts, als jede Hermannstadt vergleichbare österreich- ungarische Provinzstadt ein Theater, und meist auch ein deutsches, hatte, wobei reger Kontakt und Austausch zwischen den einzelnen Bühnen ein hohes Niveau der Theaterkunst förderte. Nach 1918 jedoch waren die Deutschen zur Minderheit in Rumänien geworden. „Es ging jetzt darum, sich auch als Theater der Minderheit zu behaupten, was große Erfolge aber auch große Irrwege mit sich brachte“, erklärt Rolf Maurer. Während des Zweiten Weltkrieges verkam das Theater zu einem Fronttheater, ein Ensemble, das Soldaten an der Front zum Durchhalten ermuntern sollte. Es löste sich 1944 auf. Es war ein Ende.

Aber nicht das endgültige! Denn mit dem Dekret Nr. 56771 der kommunistischen Machthaber wurde 1956 die deutsche Abteilung am Hermannstädter Staatstheater gegründet, „um die Nation zu homogenisieren“, also alle Volksgruppen durch ein einziges Theater zu verschmelzen. Das war aber ein Irrtum, weil Theater bei Minderheiten genau das Gegenteil bewirkt: Meinungen und Neigungen werden bestärkt. „Die große Zeit des Theaters war seltsamer Weise die Zeit des tiefsten Kommunismus“ sagt Rolf Maurer und erwähnt mit großem Respekt seine Kollegen, aus Zeitmangel namentlich jedoch nur die Persönlichkeiten, die in all den Jahren die Zielsetzung und Richtung dieser Bühne bestimmt haben: Hanns Schuschnig, Regisseur, Übersetzer und Darsteller sowie Christian Maurer, Bühnenschriftsteller, Übersetzer, Spielleiter und Darsteller, der von 1956 bis 1990 durchgehend aktiv war. Das klassische deutsche Bühnenrepertoire wurde auch durch modernes ergänzt. Trotz restriktiver Maßnahmen der Ceausescu-Diktatur überlebte das Theater, musste jedoch zunehmend das Angebot einschränken.

Dramatisch wurde es nach 1989 mit der massiven Abwanderung der deutschen Bevölkerung, weil es erst mal Publikumsverlust bedeutete. Da ein Schauspieler in der Sprache des Publikums spricht, schien es fast unmöglich, die deutsche Abteilung des Theaters weiter aufrecht erhalten zu können. Trotzdem wird in Hermannstadt immer noch deutsches Theater gespielt. Die Abteilung besteht fort. Alle Achtung!

Rolf Maurer und seine Kollegen können stolz sein, dass es ihnen gelungen ist, das deutsche Theater trotz aller Widrigkeiten über so eine lange Zeit zu betreiben. Den Autoren dieser Ausstellung, die in Nürnberg vom 25. September bis zum 5. Oktober gezeigt wurde, sei hiermit auch ganz herzlich gedankt, dass sie sich dieses Themas angenommen und das Hermannstädter Deutsche Theater in vielen Facetten anschaulich und effektvoll präsentiert haben.

Im Anschluss an die Vernissage fand im Hubertussaal das HerbstKonzert des Hauses der Heimat Nürnberg, organisiert vom Arbeitskreis Kultur, statt.

Die erste Solistin des Abends lebt in Siebenbürgen: Anita Gertrude Hartig wurde 1983 in Bistritz geboren und studiert Master im 1. Jahr auf der Musikakademie “Gheorghe Dima” in Klausenburg. Begleitet von der ebenfalls in Bistritz geborenen und in Schwabach lebenden Musiklehrerin Karin Beer, geb. Hoos, begeisterte die Sopranistin mit einer hervorragend klangvollen und sicheren Stimme. Sie sang die Arien „Je dis“ aus der Oper „Carmen“ von Georges Bizet und „L’altra notte“ aus der Oper „Mefistofele“ von Arrigo Boito sowie „O Dieu que de bijoux“ aus der Oper „Faust“ von Charles François Gounod.

Stefan Vasil, ein Sathmarer Schwabe, seit 1989 Geigenlehrer an Ingolstädter Gymnasien überzeugte zusammen mit der in Siebenbürgen geborenen und 1978 ausgesiedelten Cellistin Daniela Mayer beim Vortragen von Alessandro Rollas „Duo für Violine und Violoncello C-Dur, Allegro, Andante“.

Der Männerchor des 1873 gegründeten Gesangverein „Fidelia“ Münchaurach wird von Waldemar Welker dirigiert, der heute in Fürth wohnt. Er durchlief seine musikalische Ausbildung in Russland, bevor er 2002 als Spätaussiedler nach Deutschland kam. Neben zwei weiteren Männerchören, z.B. dem Nürnberger Shanty Chor, leitet er zusammen mit seiner Frau noch eine eigene Musikschule. Unter seiner Leitung beeindruckte der Chor mit dem „Wanderlied“ aus der Oper „Preziosa“ von Carl Maria von Weber, einer russischen Volksweise, einem Liturgischen Gesang aus Argentinien sowie mit Giuseppe Verdis „Chor der Gefangenen“ aus der Oper „Nabucco“ bearbeitet für Männerchor von Waldemar Welker.

Markus Böhm, mit Vorfahren aus dem Sudetenland, trug virtuos am Klavier „Im Nebel“ von Leo¨ Janáček (1854-1928) vor.

Helmine Buchsbaum, die mit vielen interessanten Details zu den Komponisten und aufgeführten Stücken gekonnt durch das Programm führte, freute sich, zum Abschluss des Abends ein ganz besonderes Abendständchen ankünden zu können:

Der Eichendorff-Chor Bamberg wurde heuer anlässlich 150 Jahre seit Joseph von Eichendorffs Tod von 30 Sängerinnen und Sängern aus Begeisterung für dessen Werk unter der Leitung von Werner Krahnert gegründet. Der Dirigent war zuletzt Kirchenmusikdirektor in Bamberg. Unter seiner Stableitung erklangen vierstimmig und gekonnt in der Vertonung von Elke Vogt- Kleinecke, einer Schlesierin, die als Chormitglied anwesend war, mehrere Eichendorff-Gedichte, darunter „Trost“, „Der Morgen“, „Glück“ und „Abendständchen“.

Das Konzert stand unter der Schirmherrschaft des Staatsministers für Europa, Günter Gloser, MdB. Außer ihm nahmen Bürgermeister Horst Förther und Ehegattin sowie einige Stadträte teil. Sie und weitere Gäste zeigten sich beeindruckt von der Qualität und dem Charme der Veranstaltung. Allen Künstlern und ehrenamtlichen Helfern sei hiermit nochmals ganz herzlich für die Gestaltung dieses glanzvollen Abends gedankt!

Doris Hutter