01.03.2015:

Siebenbürgisch-sächsisches Mundartseminar und öffentliche Lesung im HdH

Zum vormittäglichen Seminar fanden sich 23 Interessierte ein. Besonders erfreulich ist, dass neue Gesichter, darunter auch jüngere, zu erkennen waren. Moderatoren waren die beiden Betreuer der SbZ-Rubrik „Sachsesch Wält“ Hanni Markel und Bernddieter Schobel. Letzterer griff ungewohnte Folgen der Satzglieder aus dem Band „Sachsesch Wält. Mundart-Texte aus der Siebenbürgischen Zeitung“, München 2010 auf, die dann diskutiert wurden. Hanni Markel hat zum angekündigten Mundartschwerpunkt und zur Förderung der bewussten Dialekttreue die Lauttafeln der 144 „Leitwörter“ aus dem ersten Band des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs zum Lesen und Ausfüllen mit Wörtern und Sätzen in der jeweils eigenen beziehungsweise auch weiteren geläufig gesprochenen Mundarten als Aufgabe vorbereitet. Auf Wunsch konnten auch die gesamten gebietsmäßig geordneten Übersichten jener typischen Lautungen als Handhabe zum Erkennen und Einordnen – und Korrigieren – eines Textes angefordert werden.
Dass die breit gefächerten Mundartlandschaften des Sächsischen selbst für ein erstes Hören kein Hinderungsgrund sind, bewiesen übrigens Auflachen und begeisterter Beifall während des Nachmittags bei den Lesungen.
In der Mittagspause sorgte Hilde Juchum wieder einmal für eine willkommene kulinarische Überraschung, indem sie das selbst zubereitete Mittagessen aufwartete.

Doris Hutter begrüßte im bis auf den letzten Platz besetzten Vortragsraum die Gäste auf humorvolle Weise, passend zum Thema der Nachmittagslesung, welches „Humor“ lautete. Viel Beifall gab es für die musikalische Umrahmung: Manfred Ungar, Gitarre, und Siegi Roth, Cajón. Es waren durchwegs Lieder in Mundart, die Manfred Ungar sang, darunter mehrere von seiner neuen CD. Als Erstes sang er
natürlich das der Rubrik „Sachsesch Wält“ gewidmete Ir ihrsem läw Giëst.
Den Reigen der Vortragenden eröffnete klassisch-antik unsere „Fabulistin“ Martha Scheiner mit der Fabel Der Kockesch uch de Med (frå noo Äsop). Katharina Kessel, Nordsiebenbürgerin aus Weilau, gab die gereimte Anekdote zum Besten: Kristof,
der Spaßvogel, während Walter-Georg Kauntz eine seiner gesammelten Anekdoten in Prosa vortrug: De Geriajchtegetsfanatikeria. Michael Kenst, aus Bremen angereist, las Der näe Bräden und De vergäft Tokana. Bernddieter Schobel ließ es in Kån em wassen? mythologisch und in De Vierfuehren paläoanthropologisch zugehen. Elfriede Meedt
schloss ihr Feiertåchseßen mit der Schilderung andächtigen Verweilens des Ehemannes vor der ursächsischen Kåmpestbitt. Malwine Markel ließ uns Berliner Laft oidmen (Prosa), während Hilde Juchum daran erinnerte, dass En musikalesch Fraa nicht nur die erste Geige spielt, und in E måldärfresch Nummen, dass dort Frauen, die Sophia heißen, Ficki gerufen werden. Grete Menning-Gierer erzählte von der Versuchung, die die moderne Fitnessindustrie für einen wackeren sächsischen Senioren darstellt. Jeweils präzise auf den Punkt brachte Doris Hutter die Wirkung eines Films in Winnetou ä Grißpuld, die eines sattsam bekannten Porträts in De Haumwihstuww und angestammter Bindung ans eigene Haus in Et kou njet kunn!
Elisabeth Kessler erinnerte mit dem Vortrag von De Fra Motter an den feinen Humor der verstorbenen Rose Schmidt, und Grete Menning-Gierer brachte mit Der Bläck åf de Autobahn ein Gedicht von Hans Otto Tittes, der nicht anwesend sein konnte, zu Gehör. Nach so viel Humor gab es dann einen geradezu feierlichen Abschluss: Zehn Jahre, also Zäh Johr Medwescher Tramiter, eine Erfolgsgeschichte. Als Beilage des „Mediascher Infoblattes“ von Günther Schuster 2005 begründet, ist der „Medwescher Tramiter“ weltweit (!) die einzige regelmäßig erscheinende Publikation in siebenbürgisch-sächsischer Mundart.
Luise von Simons und Heinz-Jürgen Schnabel stellten „Radio Siebenbürgen“ vor, das die Zusammenarbeit mit siebenbürgisch-sächsisch schreibenden Autoren sucht. Der Internetradiosender zeichnete die in Nürnberg vorgetragenen Texte auf, um sie am Ostermontag zu senden.

Diesmal war der Dank der Mundartautoren ein bildhafter: Grete Menning-Gierer schenkte Doris Hutter zum Dank für ihre organisatorische Mühe und die Freude, die sie dadurch allen Teilnehmern bereitet hat, einen großformatigen, selbst gemalten Blumenstrauß. Zum Schluss sprach Inge Alzner, Vorsitzende der Kreisgruppe Nürnberg, die es sich nicht nehmen ließ, den Gästen, Autoren und Veranstaltern in unserer lieben Muttersprache zu danken. Nicht zuletzt sei an dieser Stelle dem Haus der Heimat in Nürnberg und dem Kreisverband der Siebenbürger Sachsen Nürnberg für die Förderung gedankt.

Bernddieter Schobel