Tiefe Emotionen am Jahresempfang
des Hauses der Heimat Nürnberg
Es sind auch die angebotenen Vorträge, die den Jahresempfang des Hauses der Heimat (HdH) zu einem attraktiven Termin in Nürnberg machen, so dass neben den geladenen Ehrenamtlichen immer wieder auch viele Politiker den Aktiven des HdH die Ehre geben und herzliche Dankesworte sprechen. Sogar wenn das angekündigte Thema „Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen 1944“ im Vorfeld eher bedrückend anmutet.
„Mehrgenerationenhaus“ mit Zukunftsperspektive
Die lokale Presse titulierte ihren Bericht über den Jahresempfang des HdH „Ein Haus mit großer Strahlkraft“, wobei Paul Hansel, Ministerialdirigent im Bay. Sozialministerium zitiert wurde. „Mit dieser Ausstrahlung hängt zusammen“, betonte Hansel, „dass wir Ihr Haus erweitern wollen. Das Sozialministerium stimmt dieser Erweiterung zu, weil dieses im wahrsten Sinne des Wortes ‚Mehrgenerationenhaus’ im Rahmen der Integration eine Zukunftsperspektive hat.“ Insgesamt sei das Sozialministerium bestrebt, der Aussiedlerarbeit durch Institutionalisierung und dauerhafte Finanzierung mehr Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Für diese erfreulichen Nachrichten zollte das Publikum großen Applaus, ebenso für die Beteuerungen von Gabriela Heinrich, die für die SPD in den Bundestag eingezogen ist und weiterhin dem HdH eng verbunden bleiben will, das Versprechen von Bezirksrat Peter Daniel Forster, CSU, der für den Bezirk Mittelfranken versicherte: „Auf uns ist Verlass!“ und das Grußwort von Bürgermeister Horst Förther, der die Leistungsfähigkeit der Aussiedler hervorhob und sich klar für die Unterstützung des geplanten Erweiterungsbaus im Haus der Heimat aussprach. Stadträtin Helmine Buchsbaum bekräftigte, dass die CSU-Stadtratsfraktion dem HdH gewogen bleibe, Elke Leo von Bündnis 90/Die Grünen sagte: „Wir schätzen Ihre Arbeit sehr und freuen uns, zusammenarbeiten zu können, denn wir wissen, dass es ein wichtiger Beitrag zum friedlichen Zusammenleben ist!“ und Christian Vogel, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat ergänzte diese Aussage: „Wir brauchen das Ehrenamt auch in Zukunft und werden Sie unterstützen, wo es nur möglich ist!“
Der Begriff „Heimat“
Horst Göbbel, der Vorsitzende des HdH, hatte eingangs auch die Zuwanderung aus Südosteuropa erwähnt und „Werte wie Humanität und Moral sowie die Idee von Europa“ eingefordert. Angesichts der schrecklichen Traumata vieler Flüchtlinge, wie z.B. auf Lampedusa, hat der Begriff „Heimat“ für ÖDP-Stadtrat Thomas Schrollinger eine neue Bedeutung bekommen. Er regte an, dass jeder von uns mindestens einem Menschen der zu uns kommt, das Gefühl geben sollte, daheim zu sein. Für die Freien Wähler sprach Prof. Dr. Harmut Beck das Grußwort. Er attestierte dem Haus, dass es blühe und gedeihe, und sprach sich auch für eine Raumerweiterung dieser „echten Kommunikationszentrale“, wie er das HdH nannte, aus. Mutmachende Worte, die musikalisch gekonnt und einfühlsam umrahmt wurden vom Geigenduo Silke Andrae und Franziska Ulrich, erstere die Tochter von Siebenbürger Sachsen.
Fester Glaube, Gemeinschaftsgeist, Fleiss…
Horst Göbbel referierte anhand bewegender Bilder und Zeitzeugenberichte, auch aus seiner Familie, über die Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen 1944: Nach dem Frontwechsel Rumäniens am 23. August 1944 erfolgte beim Herannahen der Roten Armee im September vor 70 Jahren die Evakuierung von etwa 95% der Nordsiebenbürger Sachsen (ca. 35.000) aus fast 50 Gemeinden im Treck, mit Zügen und Lastkraftwagen der Wehrmacht Richtung Österreich. Nach ca. acht Wochen Fahrt folgte ihre Unterbringung größtenteils in Nieder- und Oberösterreich. Die bei Kriegsende in den sowjetischen Besatzungszonen befindlichen Sachsen wurden im Juni/Juli 1945 nach Siebenbürgen rückgeführt (ca. 6.000). Nach totaler Enteignung erlebten sie dann Internierung, Zwangsarbeit, Repressalien, Verfolgung. Die Bedrohungen der Flucht und der harten Nachkriegszeit wurden von diesen Menschen als Herausforderungen akzeptiert. Ihr fester Glaube, Zähigkeit, Selbstvertrauen, Gemeinschaftsgeist, Fleiß bewahrte sie vor dem Untergang und gab Kraft für den Neuanfang. Mittlerweile leben fast alle Sachsen Nordsiebenbürgens in Österreich, Deutschland und Kanada.
Die Zeitzeugenberichte von der Flucht riefen bei den meisten Zuhörern tiefe Emotionen hervor, die noch beim anschließenden Imbiss ausgetauscht wurden. Abgeguckt von den Nahrungsmitteln, die auf der Flucht mitgenommen werden konnten, gab es Bratwurst, Schmalz- oder Rahmbrot, Zibri, Grammeln, Speck, Käse und Stritzel. Dazu Wein, u.a. auch typischen Hauswein und Schnaps, den Annemarie Wagner spendiert hatte. Das Buffet wurde von der Nösner Nachbarschaft hergerichtet und fand dankbare Abnehmer. Der Abend hatte viele Gedanken angestoßen: Der Gesprächsstoff der Gäste dauerte bis tief in die Nacht.
Doris Hutter