24.01.2017:

Jahresempfang des Hauses der Heimat Nürnberg

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Reformationsjubiläum im Zeichen der Ökumene

1617 stand das Reformationsjubiläum im Zeichen des Zusammenrückens der Protestanten, 1717 wurde Martin Luther als Pietist und Frühaufklärer gefeiert, 1817 sah man, da es um die Entstehung der deutschen Nation ging, in ihm den deutschen Nationalhelden und 1917 wurde „Eine feste Burg ist unser Gott“ zum Sinnbild des trotzigen Durchhaltens – man war noch im I. Weltkrieg. Ganz andere Herausforderungen spielen beim Reformationsjubiläum 2017 eine Rolle. Welche und wie sie angegangen werden, erläuterte am 24. Januar Dr. Ekkehard Wohlleben, der Leiter der evangelischen stadtakademie nürnberg und Ökumenebeauftragter im Kirchenkreis Nürnberg sowie Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Nürnberg in seinem Vortrag „Kirchenspaltung oder Neuaufbruch? Reformationsjubiläum im Zeichen der Ökumene“.

Ein höchst aktuelles Thema, das der Fraktionsvorsitzende der CSU im Nürnberger Stadtrat Sebastian Brehm, auch Vertreter des Oberbürgermeisters Dr. Ulrich Maly, in seinem Grußwort auf die politische Schiene übertrug: „Es ist wichtig, dass alle demokratischen Parteien zusammen arbeiten und zeigen, dass die politischen Fragen komplex, also gar nicht einfach zu lösen sind, und dass es einer sachlichen und fundierten Arbeit braucht, sie zu bearbeiten und zu lösen. Wichtig ist, dass die Gesellschaft zusammenhält!“ Gabriele Penzkofer-Röhrl aus der Stadtratsfraktion der SPD betonte: „Nicht nur in der Kirche sondern auch in der gesamten Gesellschaft gilt es, das Trennende zu überwinden, das Gemeinsame zu entdecken, voneinander zu lernen ohne die eigenen Wurzeln zu verlieren oder zu leugnen. Solche Dinge finden im Haus der Heimat (HdH) statt. Hier haben Sie stabile feste Brücken gebaut.“ Auch Monika Krannich-Pöhler von den Grünen dankte für die „Arbeit im HdH, wo sich Alt und Jung wohlfühlen kann, wo Sie Ihnen eine Heimat bieten. Ich danke Ihnen auch, dass wir, die Gäste, daran teilnehmen können!“ Zu den Herausforderungen der aktuellen Zuwanderungssituation sagte sie abschließend: „Ich hoffe, dass wir die Kraft haben, die Menschen, die zu uns kommen, aufnehmen zu können und uns gegenseitig stärken.“

Horst Göbbel, Vorsitzender des HdH, war bei der Begrüßung in der Geschichte weiter zurückgegangen und stellte fest: „Während sich die deutschen Länder bald am Glaubensbekenntnis des jeweiligen Landesherren zu orientieren hatten („wessen Herrschaft, dessen Religion“), wurde die Glaubensvielfalt in Ostmitteleuropa für geraume Zeit das prägende Element. Trotz Gegenreformation. Nach 1550 hatte sich z. B. in Siebenbürgen die stabilste Glaubensvielfalt in Europa mit friedlich nebeneinander lebenden Katholiken, Lutheranern, Calvinisten, Gr. Orthodoxen, Juden etabliert. Heute ist es im HdH nicht anders: Hier wirken friedlich und gemeinsam Katholiken, Evangelische, Orthodoxe, Juden, Muslime.“

Mit Johann Sebastian Bachs „Partita N2“ hatte Prof. Hab. Dr. Nataliya Zabolotnaya, zugewandert aus der Ukraine, am Klavier den Abend eröffnet und mit Frédéric Chopins „Nocturne N2“ zum deftigen Imbiss, wie er wohl Luther gemundet hätte, übergeleitet. Pauline Huschitt spendete dankenswerter Weise für den Jahresempfang mehrere selbstgemachte Kuchen, die das Buffet köstlich abrundeten.

Geschäftsleiterin Doris Hutter konnte neben den anwesenden Stadträten auch viele Vertreter befreundeter Institutionen und Vereine, aktive Ehrenamtliche sowie Pfarrer, auch katholische, begrüßen. Dabei griff sie auf den Fundus der zahlreichen Luther-Zitate zurück, die zu ganz verschiedenen Gelegenheiten aufgegriffen werden können.

Der Vortrag selbst wurde mit dem Lied aus dem 16. Jh. von Ludwig Senfl „Ach Elslein, liebes Elselein mein“ eingeleitet. Dr. Wohlleben betonte, dass die Reformation mehr als nur Wittenberg und Luther sei, nämlich ein europäisches Ereignis: eine Bewegung mit vielen Köpfen und an vielen Orten. Dann zeigte er anhand einer Weltkarte, dass die ev. Kirche eine Weltkirche ist, wodurch die Reformation als globales Ereignis gesehen werden muss. Dieses heurige Reformationsjubiläum in säkularer Zeit bringt besondere Anforderungen für die Protestanten und ist zum ersten Mal ein ökumenisches Ereignis. Danach erläuterte der Referent die Bedeutung der Reformation für die Konfessionen evangelisch und römisch-katholisch und schloss mit der praktischen Gestaltung des Lutherjahres, in dem es einen Stationenweg durch viele Länder gebe. Der große Truck, der das bewältigt, wird am 22. April in Nürnberg Station machen. Seit 2014 gibt es jährlich gemeinsame Gottesdienste der evangelischen und katholischen Gläubigen in Nürnberg, wobei in St. Sebald die Taufe an den Anfang gestellt wurde. 2015 wurde auf dem Jakobsplatz für die Einheit der Welt gebetet, um offen zu sein für alle Menschen, die zu uns kommen, 2016 ging es in der katholischen Frauenkirche um das Heilen der Erinnerungen durch gegenseitiges Vergeben und am Pfingstsonntag 2017 ist eine ökumenische Sternwallfahrt geplant, die zur Sebalduskirche (die älteste Pfarrkirche Nürnbergs) führt und wo die Bischöfe Ludwig Schick (kath.) und Stefan Ark Nitsche (ev.) gemeinsam teilnehmen und beten. Das sind, da auch Kardinal Reinhard Marx und Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm in München in die gleiche Richtung agieren, beste Aussichten für das Fortführen der Ökumene. Und für die Gäste des HdH waren sie guter Grund, den Abend zuversichtlich und fröhlich ausklingen zu lassen.

Doris Hutter