24.07.2010:

Fest unter der Eiche

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Das Wort des Tages heißt „Bereicherung“
Ermutigende Reden und vielseitige Auftritte beim „Fest unter der Eiche“ im Haus der Heimat Nürnberg

Als Nürnbergs 2. Bürgermeister Horst Förther, Schirmherr des „Festes unter der Eiche“ am Tag der offenen Tür im Haus der Heimat (HdH), den Regen mit Wachstum verknüpfte und das nähere Zusammenrücken in den Zelten als Chance ansprach, erhellten sich nicht nur der Himmel, sondern auch die Gemüter der zahlreichen Gäste. Großen Applaus erntete er später auch mit der Feststellung: „Wir nehmen vom HdH ein Stück Kultur mit, Lieder, Tänze, kulinarische Genüsse und gute alte Eigenschaften wie Fleiß, Bodenständigkeit und Liebe zum eigenen Haus, zur Scholle!“ Horst Göbbel, Vorstandsvorsitzender des HdH, schlussfolgerte aus den Reden der Ehrengäste, dass das Wort des Tages „Bereicherung“ hieß.

In seiner Begrüßung an diesem 24. Juli hatte Göbbel das Zitat „Der wahre Reichtum der Nationen besteht in der Intelligenz ihrer Bevölkerung.“ verwendet. Michael Frieser, der für die CSU im Bundestag sitzt, griff es auf und erweiterte es: „Wichtig ist außerdem die soziale, emotionale Intelligenz, dass man weiß, wo man herkommt und kulturhistorisch in der Lage ist, sich einzubringen. Das schafft Verwurzelung, das schafft Vertrauen, also die Möglichkeit, aufeinander zuzugehen. Das HdH ist ein sehr wertvoller Baustein, der sich in die Geschichte Nürnbergs eingereiht hat.“ „Ohne Herz ist Verstand ein kaltes Werkzeug.“ sagte Dr. Markus Söder, Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Gesundheit, und im HdH würden beide miteinander verbunden. Er betonte, dass „uns unsere Kultur, Tänze, Trachten, unsere gemeinsamen Wurzeln und Werte der Deutschen – Einheimische, Vertriebene und Aussiedler – in einer globalisierten Welt miteinander verbinden“ und Peter Daniel Forster, Bezirksrat, auch in Vertretung von Bezirkstagspräsident Richard Bartsch, brachte es auf den Punkt: „Für alle, die hier im HdH ein- und ausgehen, ist es von ganz besonderer Bedeutung, Traditionen zu wahren. Diese können nur überleben, wenn sie von einer Gemeinschaft getragen werden. Das HdH steht geradezu als Parademuster, wie Gemeinschaft funktioniert und gelebt wird.“ Karl Freller, Stellv. Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag und Vorstandsmitglied im HdH, sagte ganz herzlich: „Schön, dass ihr da seids!“ und fügte hinzu: „Selten hat sich etwas, was man politisch mit wirklich viel Kraft erreichen musste, so bewährt wie dieses Haus der Heimat!“ Stadtrat Achim Mletzko, Bündnis 90/Die Grünen, begrüßte das „konstruktive Mittun des HdH beim gemeinsamen Entwickeln der Nürnberger Stadtgesellschaft“ und Stadträtin Dr. Christiane Alberternst, FDP, die mit einem Aussiedler verheiratet ist, sieht Migrationserfahrung als Bereicherung in jeder Hinsicht. Ihr Mann hat Wurzeln in Schlesien und Verwandte in Tschechien. Also lernt ihre Tochter auch tschechisch: „Indem unsere Tochter zweisprachig aufwächst, hat sie die Möglichkeit, einen mitteleuropäischen Geist ganz toll zu transportieren, weil sie ein besseres Verständnis und eine ganz andere Nähe dazu bekommt.“
Im Beisein der Gäste, darunter mehrere Vertreter aus dem Stadtrat, von Wohlfahrtsverbänden, aus dem Bürgerverein Langwasser, dem Verein „Interkultureller Garten Langwasser“, Bund sowie Union der Vertriebenen, Vorsitzende von Landsmannschaften, Mitglieder des neuen Nürnberger Rats für Integration und Zuwanderung sowie des Nürnberger Kulturbeirats zugewanderter Deutscher, ehrte Horst Göbbel 16 Vereinsmitglieder mit 10-jähriger Mitgliedschaft im HdH, die eine Urkunde und von einem Sathmarer Trachtenpaar auch eine Blume überreicht bekamen. Dabei erwähnte er auch, dass sich durch Integration nicht nur der Aufgenommene, sondern auch der Aufnehmende ändere, also die aufnehmende Gesellschaft. Manfred Richter, Vorsitzender des Bürgervereins Langwasser, der inzwischen das 31. Körperschaftsmitglied des HdH geworden ist, sagte in seinem Grußwort: „Ich wohne seit 1950 in Langwasser und habe miterlebt, wie Menschen aus verschiedenen Ländern ein gemeinsames Zuhause gefunden haben – mit all den damit verbundenen Problemen. Die Hauptaufgabe des Bürgervereins bestand darin, durch Veranstaltungen ein Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Dies war nicht immer einfach. Es gab damals noch kein Haus der Heimat mit dessen Aktiven und Ihrem Engagement. Deshalb freuen wir uns, dass es diese Einrichtung gibt, und Sie durch Ihre Tätigkeit wesentlich dazu beitragen, dass ein Wort, wie z.B. Integration, nicht nur gesprochen, sondern in die Tat umgesetzt wird.“
Trotz Regenschauern hatten starke Männer unterschiedlicher Landsmannschaften am Vormittag die Zelte und das Trampolin für die Kinder aufgestellt. Bald schon brutzelte es am Grill der Siebenbürger Sachsen und brummte das Geschäft an der von Banater Schwaben betreuten Schänke. An der Kasse saßen Sathmarer Schwaben, die ehemalige Bibliothekarin Josefine Engel, eine Banater Schwäbin, bestritt den Bücherflohmarkt und Margarethe Ojewski, Russlanddeutsche, betreute die Kinder in der Kreativecke beim Malen. In der Küche welchselten stündlich Helfer verschiedener Landsmannschaften. Kuchen, deren Ausgabe von Siebenbürger Sächsinnen betreut wurde, hatten die Mitgliedsvereine gespendet und organisiert war das Fest wieder vom Arbeitskreis Kultur, dessen Mitglieder weitere Aufgaben wahrnahmen, z.B. Bedienung der Ehrengäste oder Kaffee an alle Gäste ausschenken. Die Sprecherin des Arbeitskreises Annemarie Wagner, eine Siebenbürger Sächsin, erhielt stellvertretend für alle ehrenamtlichen Helfer von Doris Hutter, der Geschäftsleiterin des HdH, eine Blume und den Dank für ihren außergewöhnlichen Einsatz. Zu dem Zeitpunkt schien, nach kurzen Regenschauern, schon längst verlässlich die Sonne, so dass die ca. 450 Gäste nach dem offiziellen Programm noch unbeschwert tanzen und sich bis in den Abend hinein unterhalten konnten.
Das Fest wurde wieder umrahmt von der Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg, diesmal unter der Leitung von Richard Jasch, die vom Unternehmer Lukas Geddert in Anerkennung für deren wichtigen Beitrag beim Erhalt der Gemeinschaft eine Videokamera gespendet be-kam. Die künstlerischen Beiträge zwischen den Grußworten boten Gesang und Tanz in Trachten: Die Singgruppe der Egerländer Gmoi Nürnberg (Ltg. Ingrid Deistler) hatte zur Begleitung der Sänger an der Gitarre Ingrid Deistler, am Akkordeon Franz Stingel, an der Violine Carola Lindinger und am Dudelsack Gerald Deistler. Die Tanzgruppe der Egerländer Gmoi (Ltg. Dieter und Haide Knust) hatte beim Volkstanz musikalische Begleitung bestehend aus Manfred Mellahn am Akkordeon, Carola Lindinger an der Violine und Ingrid Deistler an der Gitarre. Natürlich flott tanzte die Jugendtanzgruppe „Sternele“ der LM der Sathmarer Schwaben Nürnberg (Ltg. Angela Toma und Erika Bärenz) auf die Melodie „In einem Schwabendörfchen“. Marcus König, Vorsitzender der Jungen Union Nürnberg, dessen Großmutter aus dem Sudetenland ihm bei einem gemeinsamen Besuch in Aussig „das Heimatgefühl mitgegeben“ habe, lobte in seinem Grußwort besonders die Auftritte der Kinder. Die Noris Banatoris, weltweit 1. Banater Karnevalsgesellschaft, erntete mit dem Tanz der „Minis“ (Ltg. Tino Hermes) „Gruß an Europa“ großen Beifall. Die Musikgruppen des HdH „Musikspatzen“ und „Lustige Noten“ (Ltg. Olga Philipp) bestehen seit 9 Jahren und sangen „Das Lied für die Tiere“ bzw. „Greif nach den Sternen“. An den Kindern und Jugendlichen, ihrem Strahlen und selbstbewussten Auftreten kann man erkennen, wie wichtig funktionierende Strukturen bei der Eingliederung sind und wie fruchtbar angenommenes und gelebtes Vereinsleben sich auch auf junge Menschen und deren Familien auswirkt.

Doris Hutter